The day we met
Ein Auszug aus unserem Buch. Wir haben uns in einer Kneipe kennen gelernt. Ein paar Tage sind wir umeinander herum getänzelt. Wie wird es weitergehen?
One way or another …
»Wewe ni wapi, wo bist du gerade«, simst Ahmed zwei Tage später. Zwei
Tage! Das Warten hat mich schon irre gemacht. Es ist Abend. Ich bin bei
neuen Freunden. »Bei Alejandra«, simse ich zurück, der blonden, argentinischen Managerin eines kleinen Boutique-Hotels, und ihrem neuen, südafrikanischen
Lover. Alejandra hat mir gleich gefallen, als ich sie gestern, einen Tag
nach meinem Geburtstag bei einer intimen Privatvorstellung der Insel-
Künstlerin Bi Kidude kennenlernte.Bi Kidude ist 95 oder 105 Jahre alt,
keiner weiß das so genau, auch die alte Dame selber nicht. Und was wir
alle an diesem Abend nicht wissen: Es wird eines ihrer letzten Konzerte
sein, im nächsten Jahr stirbt die legendäre Sängerin und Trommlerin,
die mit gebeugtem Kreuz über ihrer Trommel hängt, das Gesicht in tiefe
Falten gelegt. Ihre Spezialität jedoch, auch noch mit 100 Jahren:
Brauttänze, wie sie junge Mädchen hier vor der Hochzeit lernen. Verführerische
Tänze, die bei Bi Kidude und ihren Tänzern in einer Art angedeuteter
öffentlicher Kopulation enden. Im Boutique-Hotel Kholle
House, unter Alejandras einfühlsamer Organisation, mit Canapés auf Silbertabletts,
Teelichtern auf dem Pool und Strömen von eisgekühltem
argentinischem Wein, bleibt manchem ausländischen Besucher der
Mund offen stehen – ob so viel, gerade hier auf Sansibar, doch unvermuteter
Freizügigkeit.Der Rauch von dutzenden kleinen Feuerstellen steigt aus dem Forodhani-
Nachtmarkt auf, den Afrika-Förderer Aga Kahn mit seiner Stiftung
so vorbildlich renoviert hat. Ich genieße den lauen Wind, der im Garten
des Kholle House die duftenden Frangipani-Blüten erzittern lässt. Und Bi
Kidude tanzt, und trommelt, und am Ende wiegt die ganze Abendgesellschaft
mit den Hüften.
»Komm morgen doch mal bei uns zuhause vorbei«, hatte mich Alejandra
an diesem Abend eingeladen, »wir wohnen gleich an der katholischen
Kirche.«
Es wurde ein ausgelassener Abend: Wir kochten, rauchten Gras,
schlemmten Shrimps und probierten Weine aus Südafrika und Argentinien.
Und irgendwann war es Zeit zu gehen.
»Ich treffe dich vor deiner Haustür«, leuchtete die nächste Nachricht
von Ahmed auf, just in dem Moment, als ich bei Alejandra aus der Türe
trat. In Europa würde man es Timing nennen oder Gedankenübertragung,
in Sansibar glaubt man bei solchen Zufällen an Voodoo. Die
wanga haben dazwischengefunkt, Geisterwesen, von deren Existenz hier
praktisch jeder überzeugt ist.
Seit der ersten – wie soll man sagen – sexuellen Annäherung zwischen
Ahmed und mir sind genau zehn Tage vergangen.
Also haste ich nach Hause, durch die dunklen Gassen, in denen immer
noch ein paar Jugendliche herumhängen, ein paar alte Männer auf
Steinbänken dösen und der dicke, junge Mann, kurz vor der Abbiegung
zu meiner Wohnung in sein Würfelspiel Bao-Bao vertieft ist. Die ersten
paar Tage nach meiner Ankunft hatte er mich nur zur Kenntnis genommen,
ab der zweiten Woche gegrüßt, inzwischen nimmt er richtig Anteil
an meinem Leben, weiß meinen Gesichtsausdruck zu deuten, wenn ich
um die Ecke biege, und scheint auch zu ahnen, wie viel ich intus habe.
»Hey, du siehst happy aus und scheinst es eilig zu haben«, sagt der
dicke Mann. »Chunge lakini, sei aber vorsichtig, dass du nicht ausrutschst….
Weiterlesen? In „From Sansibar with Love“, Andrea Tapper mit Ahmed Ally, Orell Füssli Verlag, geht’s weiter…