Zurück mit Condor

CORONA DIARY ZANZIBAR (2)

Es war wohl eine der längsten Eincheckzeiten – selbst für Pauschalurlauber: Schon mittags warteten die ersten von etwa 600 deutschen Touristen am winzigen Flughafen Zanzibars mit dem riesigen Namen Abeid-Amani-Karume-Airport auf die Maschinen der CONDOR-Rückholaktion, die um 20:40 Uhr beginnen sollte. Vier solcher Rückholflüge gab es, in der letzten März-Woche  2020.

IMG_0800

Zanzibar Flughafen Ende März: Rückholaktion von Condor

Einige der Urlauber waren in Shorts, Flip-Flops und Spaghettiträger-Hemdchen aufgetaucht, was mich auch in Nicht-Corona-Zeiten immer wieder wundert: Wieso trägt man Strandklamotten, wenn man heim in den Winter fliegt? Viele nervös, andere enstpannt; das Gros dicht gedrängt (!), rauchend (!), sich um den Hals fallend (!), Abstandsregeln einhaltend eigentlich nur die Zanzibari in der Abfertigung, Gepäckträger mit Mundschutz.

Mit Corona in den Urlaub?

Manche Touristen erzählen mir, sie seien erst eine Woche im Urlaub hier gewesen, bedauern, dass sie nun los müssen. Ich rechne: eine Woche zurück – da waren die Schulen in Deutschland schon geschlossen, die weltweite Reisewarnung durch Außenminister Heiko Maas gerade ausgesprochen und die Rückholaktion bereits angekündigt. Wieso fährt jemand in dieser Situation in Urlaub nach Afrika? Ein Pärchen aus Frankfurt erklärt mir: „Die Reisewarnung kam an dem Tag, als wir auf Sansibar ankamen“ – womöglich mit Corona im Gepäck.

IMG_E0814

Als die Crews anrücken, die Condor-Leute in blauen Lufthansa-Uniformen gefolgt von Qatar-Airways in dunkelroten Kostümen, läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken. Sie sind eine Art Lebensretter. Doch der Kabinen-Applaus bleibt diesmal aus.

IMG_0806

Reiseveranstalter Ali Amour: „Ob der Tourismus zurück kommt, liegt am Mindset der Urlauber“

Mitten im Gewühl treffe ich Ali Amour im hellblauen Polo-Shirt, den Vertragspartner von TUI auf Zanzibar, mit dem ich schon Touren zusammen veranstaltet habe, ein integrer Mann. Seine Prognose: „Ob die Urlauber irgendwann  zurück kommen, wird weniger an Zanzibar liegen, als an ihrem eigenen Mindset. Wenn Corona sich endlich gelegt hat in Europa: Will man dann nichts wie weg, oder im Gegenteil zuhause bleiben und auf keinen Fall in ein unsicheres afrikanisches Land?“ Ich finde: eine kluge Einschätzung.

„Frau Tapper, wir holen Sie nach Hause“

Mich hat die Rückholaktion der Bundesregierung gerührt – auch ich erhielt eine e-mail : „Frau Tapper, wir holen Sie zurück.“ Als ich hier meinem Partner Ahmed davon erzählte, war auch er schwer beeindruckt: „Das würde unsere Regierung nie für uns machen“, meinte er. 50 Millionen Euro,  hatte Maas angegeben, würde die Operation kosten, für rund 200 000 Gestrandete. Rund 250 Euro pro Person und Strecke – das käme, knapp kostendeckend, ungefähr hin. Erstaunt war ich jedoch, hier auf Sansibar später von Betroffenen zu hören, dass die Rückkehrer bis zu 1800 Euro für das Rückflugticket zahlen mussten. Viele unterschrieben, dass sie rund 800 Euro an die Regierung zurückzahlen müssen.

IMG_0821

Und nach meinem Bericht in der Süddeutschen Zeitung am 2. April 2020, „Plötzlich Ruhe an dxen weißen Stränden“ kam es noch dicker.

Unter anderem erhielt ich eine Messenger-Nachricht von Dirk L., der über die Rückholaktion aus Zanzibar schrieb: „…es kam nur ein Teil mit, die Reiseleiter schlichen sich heimlich in den Flieger…Gelder flossen“. Er habe die Reise ohenhin „mit gemischten Gefühlen“ angetreten, da er sie aber schon im November gebucht hatte, angeblich nicht kostenfrei stornieren können. Er habe einen regulären Rückflug mit Condor gehabt, schrieb mir Dirk L., sei dennoch nicht mitgenommen worden und habe dann auf eigene Faust mit seiner Partnerin einen Linienflug von Qatar Airways erwerben müssen.

Dass es bei einer solch massiven Aktion im Einzelfall Probleme gibt, ist klar, aber die Schilderung von Dirk L. schien mir doch recht eklatant.

Rückholaktion mit Hindernissen also?