Green Baskets und Männer-Shopping
CORONA DIARY ZANZIBAR (6)
Wo kaufen wir in Zanzibar eigentlich ein – erst recht jetzt, zu Corona-Zeiten? Meine erste Lektion: Hier ist Einkaufen Männersache.
Seit dem Ausbruch von Corona gibt es jedoch Alternativen. Der „Green Basket“ – eine Art grüne Wunderkiste auf Zanzibar – kommt einmal pro Woche frisch von der Msonge-Farm direkt vor die Haustür. In einem altersschwachen Pick-up machen Farmchefin Mwatima oder ihre Managerin Jenny Awaina selbst die Runde.
Geflochten aus Bananenblättern und randvoll mit Grünzeug, Kochbanen, Kokosnüssen, Papaya, Maracuja, ist „Pakacha“, wie der Grüne Korb hier heißt, die organische Rettung für viele, auch für mich – die jetzt nicht mehr auf den immer noch überfüllten afrikanischen Markt gehen wollen.
Ramadan und Corona: Restaurants machten dicht
Wo und wie kaufen wir auf Zanzibar überhaupt ein? Sind die Geschäfte noch geöffnet? Zur zweiten Frage: Die meisten ja, während Restaurants und Hotels fast alle seit einem Monat geschlossen sind. Wer den Laden noch in Betrieb gehalten hatte, machte jetzt dicht, nachdem am 24. April der Ramadan startete, der Fastenmonat der Muslims. Damit hat sich das öffentliche Leben, wegen Corona schon auf Null, nochmal auf Minus-Null reduziert.
Auf Zanzibar kaufen die Männer ein…
.. und die Frauen kochen. Praktische Arbeitsteilung, mag man denken, allerdings mit chauvinistischem Hintergrund: Die Frauen sollen so wenig wie möglich vor die Tür, um ja keine anderen Männer zu treffen…
Mir war’s von Anfang an recht: Da ich nicht zu den Romantikern gehöre, die afrikanische Märkte „so schön bunt und exotisch“ finden, sondern eher zu den Nüchternen, die das Gedränge, Gewühle und Gestinke (erst recht bei den offenen Fleisch- und Fischständen) hassen, lasse ich meinem Mann Ahmed mit Freude den Vortritt – und die täglichen Besorgungen machen, was er unermüdlich tut. Erst recht jetzt, während der Corona-Krise. Allerdings sind nun alle angehalten, die Einkäufe auf wöchentlich zu reduzieren. Wir haltens uns natürlich daran. In den Märkten sieht man mehr und mehr Gesichtsmasken – wie wohl auch in Deutschland ein neues Geschäftsmodell vieler Boutiquen, die die Masken hier aus afrikanischen Stoffen nähen.
Mir fehlt mein Edeka!
Superrmärkte nach westlichem Vorbild, mit Frischetheken, großer Produktauswahl und günstigen Milchprodukten, gibt es auf Zanzibar bis heute keinen einzigen. 3-4 Geschäfte nennen sich etwa „Kwality Supermarkt“, sind aber genau das nicht, sondern zugestaubte Ansammlungen schrecklicher arabischer Produkte, von Glitzerkämmen, über Plastikgeschirr bis „Aro“-Toilettenreiniger und zweifelhaften Spülmitteln, die alle nicht richtig saubermachen. Nur in den teureren Vororten gibt es ein, zwei bessere kleine Märkte; 100 Gramm Gouda oder ein Stück Feta-Käse kosten dort fünf Euro, s’il vous plait.
Desperate housewives
Superorganisierte expat-housewives sind darum längst dazu übergegangen, nach grünen Alternativen zu suchen, wie handgemachte Seifen aus Seaweed oder Bio-Kosmetik von „Inaya“- so unterstützt man auch den lokalen Markt.
Eine Freundin und Managerin von FUMBA TOWN, der Ökostadt für die ich hier eine Zeitung mache, geht soweit und pflanzt Lufa selbst an, um mit den Naturschwämmen die Plastikschwämme für’s Bad und zum Spülen zu ersetzen.
Alles Schlechte kommt aus China…
Chinaimporte ohne Ende in den Läden sind extrem low-quality: Schwämme fallen nach 3-maliger Benutzung auseinander, Töpfe verlieren die Griffe nach einer Woche und geschmacklich liegt das Ganze so zwischen Gelsenkirchener Barock, Kirmesstand und Perserscheich-Bude. Kein Möbel ohne Schnörkel, kein Bad ohne Bling-Bling – im Massensegment. Natürlich gibt es einige, meist von Expats kreierte coole Ausnahmen, wie Möbel aus Kokosnussholz.
„Duka“ statt Supermarkt
Keine richtigen Supermärkte also – dafür kleine Kioskläden an jeder Ecke der Altstadt für den täglichen Grundbedarf von Tomatenmark, über Tissue-Papier, Zahnpasta, Öl und Mehl. Krämerläden für Schrauben, Fliesen, Farbe. Man muss sich alles immer in mindestens 2-3 Läden und bei verschiedenen Markthändlern zusammen suchen. In der „Gefriertruhen-Straße“ am Markt gibts nach dem Fang frisch tiefgekühlte Krabben und etwa irische Butter, fünf Euro die Packung. Weil importiert – statt selbst hergestellt, was sinnvoller und durchaus möglich wäre – sind diese Produkte mindestens doppelt so teuer wie bei uns.
Auch mein winziger Lieblingskiosk ist teuer, aber nett und gehört einer aus Goa stammenden Goa-Inderin, der katholischen Minderheit dort, die vor Generationen als Buchhalter der Sultane nach Zanzibar einwanderten und immer noch hier leben, Teil der kosmoplitischen Gesellschaft der Insel. Ihre Katze döst meist auf dem Tresen.
Die Touristen verschwanden, Bäcker Lazziz kam
Lichtblick: Direkt auf dem verstaubten Vuga-Platz, an dem ich lebe, eröffnete ein junger Bäcker seinen Laden – zufällig genau den dem Tag, als die Touristen evakuiert und die meisten Flüge gestrichen wurden. Lazziz, ein typischer Zanzibari mit afrikanisch-arabisch-indischen Wurzelkn, backt und verkauft Croissants, Schwarzwälder Torte, Chicken pies und braunes Brot. Noch dazu zu erschwinglichen Preeisen, alles für ca 80 Cent pro Stück. Die ganze Stadt steht hier Schlange – alle lieben Lazziz. Als er letzte Woche, bei plötzlich schwunghaft steigenden Corona-Zahlen, für eine Atempause dicht machte – waren alle entsetzt. Was tun ohne Lazziz? Inzwischen hat der Gute wieder geöffnet – und Maskenpflicht im Laden.