Geisterstunde in Sansibar

Obwohl ich gerade in Hamburg bin… um mein Buch zu promoten (mehr dazu unter Termine), weil es Frühling wird und weil ich endlich mal wieder ein vernünftiges Fischbrötchen essen wollte: Jeden Tag wahtsappen Ahmed und ich und sagen uns, wie sehr wir uns vermissen, werkeln daran, unsere Kontostände zu verbessern – er dort und ich hier – und erzählen uns Geschichten, etwa über den Sex-Geist, der nachts die Schlafenden aufsucht. Wo? Auf Sansibar natürlich, der sinnlichsten Insel der Welt.

Hier, was Mister darüber in unserem Buch zu erzählen wusste. Er beginnt mit den blauen Kühen von Bwejuu, die wir am Strand getroffen haben, Kuhherden, die in der abendlichen blauen Stunde ganz ohne menschlichen Anführer an den Strand trotten, dort eine Runde drehen, Luft schnappen, und ins Dorf zurück kehren – herrenlos. Dann geht’s um unsere Nächte in der Stadt, unser Hausmädchen Esther spielt auch eine Rolle.

Ahmed sagt:

Es sind die Wanga, dieselben Geister, die unsere Kühe von Bwejuu verzaubert haben, die uns manchmal auch in der Stadt morgens mit steifen Knochen aufwachen ließen.

Wenn der Nacken schmerzt, oder der Rücken, und du gar keine Erklärung dafür hast, dann sagt man bei uns, dass dich die Wanga nachts zum Arbeiten abgeholt haben. Schwere Arbeit, in den Gewürzplantagen, oder auf den Seegras-Farmen im Indischen Ozean, wo sich sonst die Frauen plagen und die Sonne erbarmungslos auf sie niederknallt.

Man weiß nicht, was schlimmer ist, wenn die Wanga kommen oder Popo Bawa. Der ist eine Art Geister-Triebtäter und belästigt Männer wie Frauen gleichermaßen, schleicht sich ein, wenn in einem Haus je- mand alleine schlummert, nackt und nicht zugedeckt. Dann überfällt Popo Bawa die Person und schläft mit ihr. Besonders gerne schlägt er zu, wenn Leute wegen der Hitze zum Schlafen auf die Dachterrasse ausgewichen sind. Darum übernachtet bei uns keiner gern allein, son- dern lieber zu mehreren, erst recht auf der Terrasse. Wer alleine schläft, muss aufpassen. Wer den Besuch des Popa Bawa aus Scham verschweigt, wird auf jeden Fall wieder von ihm heimgesucht.

Kann es sein, dass zwei Menschen sich nicht verstehen und trotzdem blind verstehen?

Andrea hörte gerne Geistergeschichten, nahm sie aber nicht ernst. Unser Hausmädchen Esther dagegen wusste genau, wovon ich sprach. Ich hatte bemerkt, dass sie nachts in ihrem Zimmer das Licht brennen ließ – typische Wanga-Angst. In einer anderen Angelegenheit mit Esther reagierte An-drea glücklicherweise sofort, und ohne nachzufragen. Mir war eine Hautveränderung an den Füßen des Mädchens aufgefallen. Ich schickte Andrea mit ihr zur Apotheke. Wie sich heraus stellte ein ziemlich brutaler Hauptpilz, der schwarze Hautpigmente praktisch auflöst und rosa Flecken bildet. Esther war froh, dass sich jemand nun darum kümmerte.

Seltsam, dass Weiße solche Dinge manchmal nicht wahrnehmen. Sie denken, sie sind perfekt, sie sind super-sozial und haben alles im Griff, aber sie sehen nur, was sie sehen wollen. Man hat eine Verant- wortung für die Leute, die für einen arbeiten. Man muss alles beobach- ten: was sie essen, welche Freunde sie haben, wie es ihnen geht. Das ist eben so.

Soviel also zu den Fragen, gibt es Voodoo auf Zanzibar, oder nicht? Naturapotheken, Geisterheiler und Aura-Cleaner wie die kilua (Foto unten) haben gut zu tun. Und dass man in ein neues Haus zieht oder ein Geschäft eröffnet, ohne einen kilua einzuladen wäre ganz schlechter Stil.

Kunia.1040154

 

Das Foto ganz oben stammt übrigens von einem anderen Happening mit Geister-Appeal, dem Busara-Musikfestival, das in jedem Jahr mit einer abenteuerlichen Kostüm-Parade eingeläutet wird, Jungs mit Rinderhörnen inklusive. Nächster Termin: Februar 2016.